Schon der Sprachgebrauch deutet auf eine unterschiedliche Ausführung der gestellten Aufgabe hin. Gemeint sind Deckung oder Abwehr.
Während der Gast mit einem flexiblen und guten Abwehrsystem bereits viele TVM-Angriffe im Keim erstickte und abwehrte, bevorzugte der TVM überwiegend eine 6:0-Deckung. Und in der Ausführung nahmen die Gastgeber dieses System oft zu wörtlich, denn sie gingen bei vielen Würfen der Gäste tatsächlich in Deckung. Zu statisch, zu unbeweglich und manchmal vor dem eigenen Wurfkreis verharrend, ließ man dem TVH zu viel Bewegungsfreiheit im Rückraum.
Diesen nutzte nicht nur Gäste-Jungtalent Stefan Wopperer sowie der überragende Andreas Leupold. Nutznießer war 3 Sekunden vor dem Abpfiff Maximilian Baier, der in Unterzahl nicht nur den umjubelten TVH-Siegreffer erzielte, sondern damit auch eine jahrelange TVH-Durststrecke in den Derbys beendete, wo Helmbrechts immer nur als der brave Punktelieferant Spalier stand.
Ironie des Schicksals, dass ausgerechnet der TVH gleichzeitig die Gelegenheit beim Schopf packte und der fast 2-jährigen Unbesiegbarkeit des TVM in heimischer Gymnasiumhalle ein Ende setzte. Ohne Niki Aust hieß das Duell in der Anfangsphase C. Uzun gegen C. Uzun. Während „Cenk“ im Münchberger Gehäuse keinesfalls schlecht hielt, stahl ihm trotzdem sein Bruder „Cem“ im TVH-Tor die Schau. Mit einer Reihe von spektakulären Paraden, stärke er früh seinem Team den Rücken.
So agierte der Gast von Beginn an auf Augenhöhe und begann früh an seine Chance zu glauben. Vor allem das von der Spielauffassung her unterschiedliche Abwehrverhalten sollte zur großen TVH-Stärke werden. Die Gäste packten richtig zu. Zwar kamen sie oft, eigentlich viel zu oft ohne Strafzeiten davon, die Strafwürfe allerdings wurden berechtigterweise gegen Helmbrechts verhängt. Elfmal zeigten die Unparteiischen auf den Punkt, wogegen die TVM-Deckung nur ein siebenmeterreifes Foul produzierte. So zumindestest die Meinung der Herren in Schwarz.
Wer dachte, dass dieses Strafmaß zum entscheidenden Vorteil der Hausherren werden könnte, sah sich getäuscht. Fünfmal versagten den Grün-Schwarzen die Nerven bzw. hielt Cem Uzun glänzend. Wer so fahrlässig mit 100 %igen Chancen umgeht, darf sich auch nicht wundern, mit einem Zweitorerückstand in die Kabine zu müssen.
Nach Wiederanpfiff setzte sofort wieder Helmbrechts die ersten Akzente und erhöhte auf 14:17. Jetzt wurde es den Gastgebern doch zu bunt und sie erinnerten sich von einer auf die andere Minute an das, was sie seit Jahren zeigen, nämlich phasenweise überragenden Landesligahandball. Was folgte, war ein 8:1-Lauf der Seiferth-Schützlinge, die dabei nicht nur auf 22:18 davonzogen, sondern begannen, von ihrem Heimrecht auch Gebrauch zu machen.
Für den Moment schien es, als würde als wieder so werden wie immer. Münchberg steuert einen klaren Derbysieg entgegen, zumal der in Hälfte zwei eingewechselte TVM-Torwart Florian Bär maßgeblich seinen Anteil zur Ergebniswende beitrug. Vielleicht war gerade diese Spielphase der Anfang vom Ende der Gastgeberherrlichkeit, weil sich auch oder gerade eben viel in den Köpfen abspielt, wurden die Grün-Schwarzen zu selbstsicher.
Was sollte noch passieren? Zwischenzeitlich eine Viertoreführung herausgeworfen, in den letzten Jahren immer die Derbyerfolge eingeheimst und in eigener Halle sind Niederlagen sowieso schon lange Geschichte. Der gegen Ende der ersten Hälfte eingewechselte und teilweise sehr gut haltende Alexander Porst räumte den Platz wieder für Cem Uzun und damit nahm das Unheil für den TVM seinen Lauf.
„Cem“ nagelte die Kiste zu, die Gästeabwehr agierte fortan offener und ließ damit die Wege für den TVM zum Torerfolg immer weiter werden. Die Partie kippte erneut und wie im gleichen Maße Willenskraft und Euphorie beim Gast immer stärker hervortraten, gingen den Grün-Schwarzen die Ideen aus. Obwohl die Brüder Martin und Jan Lad alles versuchten und ihre Mitspieler ins Spiel brachten, Christopher Weiß vor der Pause und Tobias Wilferth Mitte der zweiten Halbzeit gute Szene hatten, reichte es nicht.
Als sich alle schon auf ein schiedlich, friedliches Unentschieden eigerichtet hatten, nutzte der TVH eine weitere Münchberger Schlafmützigkeit aus und setzte den Schlußpunkt, der von minutenlangen Gästefangesängen begleitet wurde.
Für Helmbrechts im Anstiegskampf ein verdienter und eminent wichtiger doppelter Punktgewinn. Für Münchberg eine weitere Rückrundenwatschn! Nicht nur, weil der Punktestand in der zweiten Halbserie bei den Münchberger Handballern derzeit bei 4:8 steht, für den Moment scheint sich das Team von Trainer Christian Seiferth auch spielerisch eher zurückzuentwickeln – warum auch immer.
TV Münchberg – TV Helmbrechts 27 : 28 ( 13 : 15 )
TV Münchberg: Cenk Uzun, Florian Bär (Tor); Martin Lad (7/2), Oberländer, Kalas (5/2), Weiß (3), Jakob Lad (1), Krauß (2/1), Wilferth (3), Sammet (1), Müller (1), Mayer, Christoph Bär, Jan Lad (4/1).
TV Helmbrechts: Porst, Cem Uzun (Tor), Benjamin Aust (2), Troßmann, Stark, Polzer (3), Baier (6/1), Peetz, Leupold (8), Eckardt (4), Christian Wopperer, Rittweg, Stefan Wopperer (5).
Schiedsrichter: Langner (Weitramsdorf); Müller (Ansbach) obwohl nicht fehlerfrei, hatten sie das Geschehen unter Kontrolle
Zuschauer: 4 6 0
Zeitstrafen: Münchberg 3; Helmbrechts 4.
Rote Karten: Christopher Weiß (TVM) in der 56. Minute und Mirco Eckardt (TVH) in der 58. Minute jeweils wegen Foulspiel
Spielfilm: 0:1, 3:1, 4:3, 5:6, 8:8, 10:12, 13:15, 14:17, 22:18, 22:22, 25:23, 25:26, 27:28.