Abpfiff der gut leitenden Unparteiischen aus Unterfranken. Der Roßtaler Alexander Brandscher hatte 21 Sekunden zuvor mit seinem vierten Treffer endgültig den Deckel auf diese Partie gesetzt. Die letzten Anfeuerungsrufe sowie die Trommelwirbel verstummten. Die Zuschauer haben alles gegeben. Vorbildlich standen die Fans der künftigen SG Helmbrechts/Münchberg 60 Minuten wie eine Wand hinter ihrem Team. Und ihr Team? Das stand einen Großteil der Spielzeit teilweise neben sich. Es waren manchmal haarsträubende Fehler, die vor allem dem TVM-Angriff unterliefen. Diese Fehler brachten den Gäste immer wieder einfache Ballgewinne, die zudem mit Kontern erfolgreich abgeschlossen wurden.
Zudem fehlte in etlichen Situationen der klare Kopf. Manchmal versuchten es die Spieler -zumindest einige- mit aller Gewalt, um die Roßtaler Nuss zu knacken. Vergeblich! So standen am Ende die meisten TVM`ler mit gesenkten Köpfen in der Halle. Zeit für Interviews und Stellungnahmen – Fehlanzeige. Zu tief saß der Stachel der Niederlage.
Einer stand besonders einsam in der Halle. TVM-Torhüter Lukas Hurt. Einem Landesligakeeper das Prädikat Weltklasse auszustellen, wäre dann doch etwas zu vermessen. Im sprachlichen Gebrauch wird´s aber gerne so genutzt. Aber Hurt nur eine gute oder auch sehr gute Leistung zu bescheinigen, wäre nach dieser Galavorstellung aber auch stark untertrieben. Was Hurt hielt, ist mit Worten schon fast nicht mehr zu beschreiben. Fast 25 gehaltene Bälle, zudem die meisten „frei“ und auch noch mit mehrmaligem Nachschuss, u.a. auch 2 Strafwürfe. Was bitte soll ein Torhüter noch liefern, damit es zu einem Sieg für die eigene Mannschaft reicht?
Die Frage kann gerne auch im Umkehrfall gestellt werden. Bei wie vielen Gegentreffern wären die Gastgeber am Ende gestanden, hätte sich Hurt mal einen schlechten Tag gegönnt? Im Angriff nahm man sich an diesem Tag zumindest teilweise dieses Recht. Da wird dann auch schon einmal und vor allem auch zu oft im unpassendsten Moment zuviel gewollt. Gemeint sind Würfe bzw. Abschlüsse, die sich aufgrund der aktuellen Spielszene nicht einmal für eine B-Lösung anbieten.
Auch sollten sich einzelne Spieler einmal hinterfragen, ob im Angriff ein „Kopf durch die Wand-Prinzip“ der direkte Weg zum Erfolg sein kann. In den folgenden Minuten wurde leider gleich mehrmals an diesem Prinzip festgehalten. Eigentlich unnötig, zumal Hurt von der ersten Minute an Präsent war und viermal in Serie richtig Stand. Daraus resultierte eine schnelle 3:1-Führung für den TVM, die eigentlich Ruhe in die eigenen Reihe hätte bringen können.
Aber Ruhe ist keinesfalls Münchberger Ding, zumindest nicht im Angriff. Nicht von ungefähr steuern die TVM-Stürmer wieder in Richtung Landesliga Topangriff. Wenn´s klappt, die schnellen Abschlüsse ihr Ziel finden, dann wird auch in schöner Regelmäßigkeit die 30-Tore-Marke geknackt. Genau mit um oder über der Mitte 30-Treffer-Marke wäre aus Sicht der Gastgeber auch am Ende dieser Partie wieder alles gut gewesen.
Doch Erfolge verdecken die Defizite und die liegen nicht erst seit dieser Saison im Deckungsbereich. Viel zu unregelmäßig bringt der TVM hinten Leistung. Da fehlt es oft an den einfachen Sachen wie übernehmen und rechtzeitigem Vorrücken, um Distanzwerfer entscheidend an der Ausübung ihrer Tätigkeit zu stören.
Genau diese Rückraumwerfer besaß Roßtal aber nicht. Die Gäste waren zudem körperlich keine Übermannschaft. Es waren nicht die Riesen, die aus der 2. Reihe das TVM-Gehäuse unter Dauerbeschuss nahmen. Nein, Roßtal war und ist eine spielstarke und vor allem läuferisch hervorragend harmonisierende Truppe. Damit bekam der TVM schnell Probleme. Oft den entscheidenden Schritt zu spät und bei den vielen Kontergegentoren meist nur die gegnerischen Absätze gesehen.
Vielleicht sollte man in naher Zukunft einfach daran arbeiten und beginnen, Spiele tatsächlich im Deckungsverbund zu entscheiden. Der eigene Torhüter wird dazu seine Unterstützung beitragen. Wenn´s gelingt, auf lange Sicht defensiver besser zu stehen, werden zwangsläufig weniger Gegentore kassiert. Dann muss man auch vorne nicht immer wieder Kopf und Kragen für den schnellen Abschluss riskieren und dann werden auch deutlich weniger eigene Treffer zum Erfolg reichen. Wäre zumindest ein weiterer Lösungsansatz.
Umstellung des Systems? Nicht unbedingt, aber zumindest einen Plan B im Abwehrbereich. Genau diese Gedanken, die zweifelsohne in der Schublade liegen, werden oft und gerade dann immer wieder verworfen, wenn´s anfängt nach vorne urplötzlich wieder richtig gut zu laufen.
In einer Partie, wo die Gastgeber ab der 12 Minuten zahlenmäßig ständig der Musik hinterherliefen -teilweise mit 4 Toren Unterschied-, ist von einer auf die andere Minute alles wieder gut. Im Angriff! Genau dann wird gedanklich alles wieder verdrängt und die bekannte Maschinerie kommt in die Gänge.
Freilich war es beeindruckend, wie ab der 33. bis zur 43. -also in genau 10 Minuten- der TSV Roßtal in Grund und Boden gespielt wurde. Von 13:17 Rückstand auf 21:18 Führung gestellt. Allein so ein Lauf trägt dazu bei, den Kopf erst einmal auszuschalten und nur noch das gegnerische Gehäuse vor sich zu sehen. Die Gäste erkannten zuerst, welcher Spielverlauf in der restlichen Viertelstunde drohte. Die Reißleine in Form einer Auszeit nahm Roßtal genau im richtigen Moment. Nach Wiederanpfiff begann der TSV sich wieder ins Spiel zurückzuarbeiten. Auch deshalb, weil plötzlich der Gästekeeper Wolf-Dietrich Hagen gefallen an seiner Arbeit fand.
Tatkräftige Unterstützung lieferten dabei die Hausherren. Ihnen fehlte einmal mehr der Kopf, um eine Spiel, das gerade dabei war gewonnen zu werden, auch in den sicheren Hafen zu lenken. Da passt dann von einer auf die andere Minute einiges nicht mehr. Trainer Frank Lichtinger sind die Entscheidungen nicht abzunehmen. Ob sich alle Wechsel oder Positionsspiele im Nachhinein als Erfolg oder Reinfall präsentieren, darf am Ende nicht allein zur Banksache abgestempelt werden. Die, die auf dem Spielfeld stehen, müssen´s richten. Eine alte Weisheit, die beim TVM in der Schlussphase leider nicht griff.
Zurück in den Trott der letzten Minuten von Halbzeit eins spielte man dem Tabellenzweiten Roßtal, der sich diesen Rang momentan auch redlich verdient, wieder in die Karten. Die Hausherren ließen sich in der Endphase sich die Begegnung -eigentlich unverständlich- wieder komplett aus der Hand nehmen.
Als nach erneutem Anschluss zum 27:28 der TVM alles riskieren musste, um vielleicht doch noch einen Punkt zu retten, setzten die TSV´ler Cisse und Brandscher die Nadelstiche zum endgültigen TVM-k.o.
So stand am Ende eine aus heimischer Sicht völlig unnötige Niederlage. Freilich bleibt Roßtal der verdiente Sieger. Ermöglich haben diesen Erfolg aber die Gastgeber und zwar mit einer Fehlerkette, die keinesfalls dazu beiträgt, sich Gedanken in Richtung Landesligaspitze zu machen. Bis dorthin ist noch ein weiter Weg, der auch wenn´s einmal eng wird, nur mit kühlen Köpfen beschritten werden sollte.
Wenn es diesmal schon nicht mit den Punkten geklappt hat, dann sollte man sich zumindest nach 7 Spielen über 8:6 Zähler und Rang sechs freuen. Genau in diesen Zahlen liegt für den Moment Münchberger Anspruch. Jetzt gilt es sich wieder zu stabilisieren und vielleicht in der kommenden Woche einen Zähler bei Haspo Bayreuthh II ins Visier zu nehmen. Mit einer soliden und konzentrierten Leistung könnte dieser Wunsch umgesetzt und das TVM-Schiff in ruhigen Fahrwasser gehalten werden.
TV Münchberg – TSV Roßtal 27 : 30 (12:15)
TV Münchberg
Lukas Hurt, Florian Bär (Tor);
Kalas (10/5), Panzer, Merz (4), Winterstein, Christoph Bär (1), Mayer (2), Leupold (1), Jan Lad (2), Troßmann (4), Baumgärtel, Wilke (2), Eckardt (1).
Schiedsrichter: Sachse/Weiß (Maintal) leiteten tadellos
Zuschauer: 260
Zeitstrafen: Münchberg 1; Roßtal 3.
Spielfilm: 3:1, 4:3, 4:6, 7:8, 9:11, 10:14, 12:15 (HZ); 13:17, 21:18, 22:21, 24:23, 24:25, 27:28, 27:30.