Sonntag, 5. Mai 2019 – 17:18 Uhr. In der rappelvollen Münchberger Gymnasiumhalle ertönt der Schlusspfiff der beiden souverän leitenden Unparteiischen und damit ist die Derbyzeit zwischen den Männerteams des TV Helmbrechts und des TV Münchberg ab sofort Geschichte. Nun geht der Blick in eine gemeinsame Zukunft, die ab sofort mit ihrem Reifeprozess beginnt. Die Zusammenführung auf der Spielfläche erfolgt dann in der Saison 2020/2021. Hoffentlich wieder in der Landesliga/Nord und dann mit einem möglichst spielstarken Landesligateam.
Doch zum Abschluss der Saison 2018/2019 wollten es die beiden langjährigen Kontrahenten nochmals wissen. Von Beginn an war eine gewisse Nervosität nicht zu verleugnen, zumal die Protagonisten wussten, dass sie an diesem Tag regionale Handballgeschichte schreiben. Nach einigen Fehlversuchen auf beiden Seiten legten die Hausherren 2:0 vor. Doch der Gast blieb im Spiel und zeigte das, was man vom TV Helmbrechts über Jahre gewohnt ist. Kampfkraft, Siegeswille und die passende Einstellung. Und genau das reichte, um in den Folgeminuten die Partie zu kippen und für gut 10 Minuten aus einer knappen Führung heraus zu agieren.
Es wurde ein munteres Auf und Ab, die Zuschauer kamen voll auf ihre Kosten. Vom belanglosen Schlusskick einer langen Saison war nichts zu spüren, zumal jeder für sich in Anspruch nahm, am Ende als letzter Derbysieger in die Geschichtsbücher einzugehen.
Daran arbeiteten dann die Grün-Schwarzen ab der 20. Minute wieder, als Stefan Baumgärtel seine Farben wieder auf 2 Treffer nach vorne brachte. Das war die kurze Phase, in der Helmbrechts einige Wackler hatte und Münchberg vor allem per Konter zu einfachen Treffern gelangte. Genau in diesem Abschnitt fiel das wohl schönste Tor dieses Tages. Jan Lad spielte mit einem Hinterkopfpass Moritz Panzer am Kreis frei und der wiederum schloss traumwandlerisch sicher ab.
Erstmals kam jetzt so richtig Derbystimmung auf. Die Hausherren waren drauf und dran, noch vor dem Seitenwechsel für die Vorentscheidung zu sorgen. Obwohl gerade in den letzten drei Minuten vor der Halbzeit die Gastgeber noch einiges liegen ließen, schien bei der 18:14 Halbzeitführung der TVM bereits die Weichen in die richtige Richtung gestellt zu haben.
Doch wie so oft in dieser Spielzeit kamen die Schützlinge von TVM-Trainer Frank Lichtinger auch diesmal nur mit halber Kraft aus der Kabine zurück. Das geht grundsätzlich nicht und gegen den bisherigen Nachbarrivalen schon gleich gar nicht. So wurden beide zum Wiederholungstäter. Münchberg, weil wieder im Nu eine klare Führung in den Sand gesetzt wurde und Helmbrechts, weil die unnachgiebige vorbildliche Moral erneut gelebt wurde.
Ein nach der Pause eingewechselter Oliver Roch zwischen den TVH-Pfosten trug seinen Teil dazu bei, dass die Rothemden nach 39 Minuten wieder mit einem Treffer vorne lagen. Sollte tatsächlich der TVH zweimal in einer Spielzeit als Derbysieger vom Parkett gehen? Diese Frage stellte sich nur kurzzeitig, denn dann war wieder Lukas Hurt Zeit.
Der TVM-Keeper zeigte das, was vor allem maßgeblich zu einer glänzenden Münchberger Vorrunde beitrug. Er wuchs wieder einmal über sich hinaus und zog dem Gast innerhalb von gut 10 MInuten fast im Alleingang den Zahn. Zwei gehaltene Siebenmeter in Serie, sowie die herrlichen Treffer von Stefan Roßner (vom Kreis) und Jan Lad (verdeckter Distanzwurf) bauten die Münchberger Führung wieder auf 4 Tore aus.
Munteres Zielschießen in den Endphase, klarer Derbyerfolg für die Grün-Schwarzen? Weit gefehlt – nicht mit dem TV Helmbrechts! In der Tabelle seit Wochen ganz hinten und als Absteiger feststehend, zeigt die Truppe Hervorragendes. Vor allem „Nicki“ Aust treibt als Kopf des Teams seine Nebenleute immer wieder auf die entscheidenden Positionen. Und wenn Not am Mann, dann triff er auch schon selbst.
So stand es 48 Sekunden vor dem Abpfiff nur noch 30:29. Sollte zum x-ten Male ein Derby einfach durch mehr Kaltschnäuzigkeit an den Gast gehen? Dagegen hatte vor allem Vit Kalas, der Landesligatorschützenkönig dieser Saison, etwas einzuwenden. Er setzte 8 Sekunden vor dem Abpfiff den Lucky Punch.
Was dann folgte, war bemerkenswert. Auf dem Parkett und auf den Rängen. Alle standen, alle feierten – wohlgemerkt, gemeinsam. Mit Tränen in den Augen, bei den Spielern, bei den Zuschauern – wohlgemerkt, in beiden Lagern.
Sie war jetzt erstmals zu erkennen, die gemeinsame Zukunft, von der sich alle Beteiligten sehr viel versprechen. Es war eine ganz besondere Atmosphäre, wie in der Form bisher noch nie gehabt. Sieger und Verlierer wurden minutenlang von den fast 500 begeisterten Zuschauern gefeiert. Dass hier in der Zukunft etwas Großes entstehen kann, spürten alle Anwesenden in der Halle. Jetzt stehen Aktive und Verantwortliche in der Pflicht. Eine Aufgabe, der sich alle gerne stellen.
Da ging die Verabschiedung auf Münchberger Seite von Stephan Müller, Lukas Kral, Petr Valenta und Jakub Skvaril – allesamt mit einem Präsentkorb bedacht – fast unter.
HANDBALL MÄNNER LANDESLIGA / NORD
TV Münchberg – TV Helmbrechts 31 : 29 (18 : 14)
TV Münchberg
Hurt, Cenk Uzun(Tor);
Oberländer (1), Kalas (6/2), Panzer (1), Valenta (1), Schrepfer (4), Winterstein (2), Christoph Bär (2), Mayer (1), Stefan Roßner (1), Jan Lad (7), Skvaril (3), Baumgärtel (2).
TV Helmbrechts
Hoffmann, Roch (Tor);
Gmach (2), Dominik Aust (2), Merz (2), Berthold (6/1), Sebastian Peetz, Leupold (1), Troßmann (3), Reif, Seuß (3), Eckardt (2), Schneider (5), Christian Peetz (3).
Schiedsrichter: Balzer / Schreiner (TV Gefrees)
Zuschauer: 480
Zeitstrafen: Münchberg 3; Helmbrechts 1;
Spielfilm: 2:0, 2:2, 4:5, 7:9, 10:9, 14:11, 16:12, 18:14 (HZ); 18:17 19:18, 19:20, 23:21, 25:22, 26:24, 29:25, 30:27, 31:29.